Die Störche Oberschwabens



Rohrdorf



2019: In Rohrdorf haben sich wieder der Pfälzer und die Schweizerin eingefunden. Wobei... so ganz freiwillig kam die Schweizerin eigentlich nicht zu ihrem letztjährigen Horst und dem letztjährigen Gatten aus Wörth. Bei ihrer Rückkehr aus dem Winterquartier Mitte Februar flog sie nämlich nicht nach Rohrdorf, sondern gesellte sich zum Bichtlinger Männchen und wäre wohl auch in Bichtlingen geblieben, hätte sie die dortige Horstinhaberin nicht am 10. März von Hof und Haus verjagt. Da war der Wörther dann wieder recht....
Na, gute zwei Wochen später lagen jedenfalls die ersten Eier des wiedervereinigten Paars im Rohrdorfer Nest, und Ende April schlüpften die ersten Jungen. Am 13. Mai wurden bei einer Nestbeobachtung mindestens drei Jungvögel gezählt, möglicherweise waren es sogar vier. Schauen wir mal, wie die Geschichte der Rohrdorfer Adebare weitergeht.
Übrigens haben die Rohrdorfer jetzt Nachbarn bekommen: In Heudorf hat sich dieses Frühjahr ebenfalls ein Storchenpaar niedergelassen und eine Brut begonnen.

23.06.2019: Nachdem die Eisheiligen und die Regenperiode endlich vorbei waren, wurde am 22. Mai  in banger Erwartung wieder ins Nest geschaut (soweit das von entsprechender Entfernung aus möglich ist) und – zur großen Erleichterung – wurden immer noch drei putzmuntere Störchlein im Nest entdeckt. Beringt wurden sie am 11. Juni, der Schwerste der Drei wog zu diesem Zeitpunkt fast vier Kilogramm und wird bis zu seinem Jungfernflug wohl noch etwas abspecken müssen. Der Kleinste (der aber auch noch drei Kilogramm auf die Waage brachte) hatte im Schultergefieder einige verbogene Federn, ein Zeichen von Mangelernährung während des Gefiederwachstums. Vermutlich wurde er in der Schlechtwetterperiode, in der die Eltern nicht weit fliegen konnten und Nahrung knapp war, von den älteren Geschwistern etwas abgedrängt. Es sind glücklicherweise nicht viele Federn betroffen, das Fliegen wird dadurch nicht beeinträchtigt und der Schaden gibt sich normalerweise mit dem Ersatz der Federn bei der Mauser.

2018: Schon vor Mitte März erschien ein Storchenmännchen in Rohrdorf und interessierte sich für die Nistplattform auf dem Mast. Der letztjährige Horstinhaber "Hinkebein" kommt normalerweise um diese Zeit noch nicht aus dem Winterquartier, und es war auch prompt ein anderer Storch, nämlich ein Pfälzer aus Wörth, drei Jahre jung. Würde sich nun in Rohrdorf die Geschichte von Göggingen wiederholen, dass sich "Hinkebein" hier einen neuen Horst nach dem anderen baut?
Ungefähr zwei Wochen später gesellte sich dem Pfälzer eine Storchendame aus der Schweiz zu, und die beiden verstanden sich so gut, dass sie schon in den letzten Märztagen auf einem Gelege saßen. Mittlerweile sind die kleinen Störchlein geschlüpft, es sind mindestens drei an der Zahl, vielleicht sogar vier. Hoffentlich gibt es keinen tagelangen kalten Dauerregen während der weiteren Jungenaufzucht, denn die Eltern müssen das Futter für die Kleinen aus größerer Entfernung holen, direkt bei Rohrdorf gibt es nur wenig Nahrung für die Störche.
"Hinkebein" hat sich bisher übrigens nicht blicken lassen. Wo er wohl abgeblieben ist? Hoffentlich ist unserem berühmten Baumeister im Winterquartier oder auf dem Zug nichts zugestoßen!

Tatsächlich sind vier kleine Störche in Rohrdorf geschlüpft, und der zahlreiche Nachwuchs hatte Glück. Das Wetter war stabil, die Eltern konnte ihn ausreichend mit Nahrung versorgen. Am 20. Juni – die Jungstörche waren bereits sieben Wochen alt und hatten ihre kritische Nestlingszeit hinter sich – fuhr man mit Hilfe der EnBW vorsichtig von oben das Nest an und beringte die voll befiederten Störche. Alle vier brachten knapp unter oder etwas über drei Kilogramm auf die Waage. Ihrem baldigen Ausflug stand nichts im Wege. Inzwischen klappern in Rohrdorf nur noch gelegentlich die Altstörche, die Rohrdorfer Jungschar ist verschwunden. Ob wir den Einen oder Anderen in ein paar Jahren in Oberschwaben wiedersehen?

2017: Etwas traurig sind sie schon, die Gögginger. Ist ihnen doch tatsächlich ihr Baumeister Hinkebein untreu geworden. Nachdem ihm in Göggingen schon wieder sein Nest von einem anderen Storchenpaar weggenommen worden war, hatte er wohl nun doch endlich die Nase voll, hat Göggingen den Rücken gekehrt und ist nach Rohrdorf umgezogen. Vielleicht spielte bei seiner Entscheidung auch das Ausbleiben seiner unberingten Gattin, die bisher mit ihm stets durch Dick und Dünn gegangen war, eine Rolle.
In Rohrdorf vermählte sich Hinkebein mit einer jungen Störchin von der Baar (sie schlüpfte im Jahr 2014 in Biesingen im Landkreis Villingen-Schwenningen aus dem Ei). Man war nicht gerade früh dran (Hinkebein kam ja schon immer ziemlich spät aus dem Winterquartier) und beide mussten sich noch etwas kennenlernen, und so war es schließlich Mitte Mai (so ziemlich der spätest mögliche Termin) als man endlich zur Brut schritt. Mitte Juni schlüpfte dann ein kleiner Storch aus dem Ei (viel mehr Nachwuchs hätte sich das Paar um diese Zeit auch nicht mehr leisten können, denn sie müssen in diesem Fall mit ausreichend Nahrung für eine rasche Entwicklung des Nachwuchses sorgen). Allerdings lebte er nur etwa eine Woche, denn es war heiß und Nahrung für kleine Störche war um diese Zeit ziemlich knapp: Insekten sind in der intensiv genutzten Landschaft mittlerweile Mangelware und an Regenwürmer war bei der Trockenheit kaum heranzukommen. Auch sind die Nahrungsgebiete um Rohrdorf nicht gerade üppig.
Das Paar war wohl ziemlich frustriert, zog sehr schnell ab und hielt sich von da an in Engelswies auf. Und dort passierte dann leider ein Unglück. Das Weibchen erlitt auf einem Mittelspannungsmast – die Sorte, an der die meisten unserer Stromopfer umkommen (Mast mit Doppelabspannern und untauglichen Büschelabweisern als „Sicherung“) – einen tödlichen Stromschlag.
Wohin sich Hinkebein wohl nächstes Jahr wenden wird?


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