Die Störche Oberschwabens



Ochsenhausen



2020: Dieses Frühjahr hatten sie es ganz besonders eilig, die Adebare in Ochsenhausen. Schon längere Zeit vermählt und miteinander gut vertraut, der Bad Saulgauer und seine Böhringerin, ging es ratzfatz mit der Paarung und der Eiablage, schon Mitte März lag das erste Ei im Nest. Und so waren Ende April die ein bis zwei Wochen alte Jungvögel bereits gut zu sehen. Vier an der Zahl. Hoffen wir, dass sie die Eisheiligen gut überstehen.

2019: Am 11. Februar klapperte es vom Rathausdach. Der erste Storch war gekommen. Zwei Tage später wurde das Klappern etwas lauter und erklang schon zweistimmig, ein zweiter Adebar hatte sich dem ersten dazugesellt. Bei näherem Hinsehen entpuppte sich allerdings einer der beiden, und zwar das Männchen des Paars als ein Fremder: einen Storch aus Liedolsheim im Landkreis Karlsruhe, dort 2014 geboren, hatte es nach Ochsenhausen verschlagen, anscheinend sagte ihm die Gegend und auch die Störchin zu. Das junge Glück war aber nicht von Dauer, denn bald erschien der Horstinhaber und forderte seine Rechte ein. Der Badener musste verschwinden, der Saulgauer übernahm wieder das Regiment und zu Beginn der letzten Märzdekade lag – wie wenn nichts geschehen wäre – das erste Ei im Nest.

Zunächst sah das Ganze dieses Frühjahr nach Großfamilie aus, denn es schlüpften aus dem Gelege nach und nach fünf Junge. Um den 10. Mai waren es dann noch vier, und Regen und Kälte bis einschließlich 21. Mai forderten dann nochmals ein Opfer, so dass am 31. Mai zur Beringung nur noch drei lebende Jungvögel im Nest angetroffen wurden. Zwei der drei wogen jeweils dreieinhalb Kilogramm und auch der dritte brachte deutlich mehr als drei Kilo auf die Waage. Vermutlich wird immer noch mit Fleischabfällen zugefüttert, für die im Wachstum befindlichen Störche nicht unbedingt gesund und alles andere als sinnvoll. Die Ochsenhausener Jungvögel brauchen vermutlich nur noch ein bis zwei Wochen, dann werden sie sich erstmals vom Nest in die Lüfte wagen. Hoffentlich sind sie dann nicht zu schwerfällig, um Gefahren rechtzeitig auszuweichen.

2018: Das Nest in Ochsenhausen ist wieder vom Saulgauer Storchenmann und seiner altbekannten Gattin, der Böhringerin, belegt. Beide erschienen Anfang März im Abstand von nur einem Tag, am 6. März war das Paar komplett. Anfang der letzten Märzwoche wurde mit der Brut begonnen; die Küken müssten mittlerweile alle geschlüpft sein. Hoffen wir, dass ihre Chancen besser sind als die ihrer Geschwister im vorigen Jahr.

Aufgrund des warmen Wetters, des weitgehenden Ausfalls der Eisheiligen und der Schafskälte sowie einer witterungsbedingten guten und frühen Entwicklung von Beutetieren waren die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Jungenaufzucht dieses Jahr so gut wie nie. Es wäre daher absolut nicht notwendig gewesen und ist sogar durchaus kontraproduktiv und gefährlich, die Störche täglich mit großen Mengen Fleisch vom Metzger zu füttern, wie dies entgegen den ausdrücklichen Vorgaben durch einen Ochsenhausener Bürger geschehen ist. Überfressene Störche fliegen nicht gut, und es sind immer wieder die schwergewichtigen, welche an einer Stromleitung oder auf der Straße verunglücken. Die einseitige Nahrung kann außerdem Mangelerscheinungen und Krankheiten verursachen, welche sich unter Umständen erst später bemerkbar machen. Vier Jungstörche flogen dieses Jahr auf dem Ochsenhausener Rathaus aus. Hoffen wir, dass sie ihre erste Reise gut überstehen.

2017: Was ist dieses Jahr nur in Ochsenhausen los?
Wir erinnern uns: im letzten Jahr hatten die Ochsenhausener Jungstörche als einzige in der Region ein heftiges Unwetter überlebt. Dieses Jahr scheint es nun genau andersrum zu sein: Die Störche der Umgegend haben dieses Jahr einen recht guten Bruterfolg, sogar in Biberach kamen nach langen Jahren endlich mal Jungstörche durch, nur in Ochsenhausen klappt es ganz und gar nicht!
Sicher, sie waren mit der Eiablage und dem Schlupf deutlich früher dran als die Störche in Ummendorf und Biberach und erlebten deshalb Ende April auch den Schlechtwettereinbruch mit Schnee, Regen und Kälte. Doch kamen in anderen Horsten noch andere Küken um diese Zeit zur Welt, und viele dieser noch sehr kleinen Störche überlebten dank des sorgfältigen Schutzes durch die Altvögel. Leider nicht so die Jungen des Ochsenhausener Paares: Am 8. Mai wurden vier kleine Junge tot vom Dach geholt.
Die Alten ließen es sich jedoch nicht verdrießen und versuchten es noch einmal. Ungefähr zwei Wochen nach dem Desaster saßen sie schon wieder auf einem Gelege, wieviele Küken diesmal schlüpften, wissen wir nicht. Denn kurze Zeit nachdem es so aussah, als würden die Eltern sich um frisch geschlüpfte Jungvögel sorgen, war das Nest auch schon wieder leer. Vielleicht war es dieses Mal die extreme Hitze und Trockenheit und der Mangel an kleinen Futtertieren (Regenwürmer gab es kaum und Insekten sind mittlerweile Mangelware), der den frisch geschlüpften Jungen zu schaffen machte. Der Bürgermeister, der am 21. Juni vom Rathaustürmchen aus ins Nest schaute, konnte dort keine kleinen Störche mehr entdecken. Im Nest lag nur ein Pappbecher und eine leere (Pommes?)schachtel, Reste einer Frustmahlzeit?

2016: In Ochsenhausen ist auf dem Rathausnest dieses Frühjahr so richtig was los. Der Saulgauer und die Böhringerin, das Paar also vom letzten Jahr, haben seit Ende April vier Junge im Nest. Die Eisheiligen haben sie alle weitgehend unbeschadet überstanden. Bei der letzten Horstkontrolle am 17. Mai waren alle vier putzmunter, schienen infolge der nasskalten Tage in der Entwicklung allerdings etwas zurückgeblieben. Hoffen wir, dass ihnen auch die beiden unwirtlichen Tage um den 23. Mai nichts anhaben konnten. Denn jetzt sind sie in einem gefährlichen Alter: Sie sind so groß, dass sie nicht mehr vom Altstorch mit seinem Körper bedeckt werden können, das eigene Gefieder ist jedoch noch nicht so gut entwickelt, um ausreichend vor Nässe und Kälte zu schützen.

Ochsenhausen

Ochsenhausen

Ochsenhausen
Fotos: Jürgen Dämmgen 2016.

Juli: Den 23./24. Mai überstanden alle vier kleinen Störche im Ochsenhausener Nest einigermaßen gut. Dann, am Abend und in der Nacht des 29. Mai gab es ein fürchterliches Unwetter um Biberach mit Starkregen, Kälte und Sturm, bereichsweise auch Hagel. In Biberach und Ummendorf, die beide dieses Jahr reichlichen Storchennachwuchs hatten, waren danach alle kleinen Störche tot. Die Jungen im Ochsenhausener Nest kamen zum Glück dagegen glimpflich davon. Lediglich das Nesthäkchen fiel dem Unwetter zum Opfer, die drei Älteren überlebten erstaunlicherweise das Desaster.
Drei Tage nach dem Unwetter bekamen die drei merkwürdigen Besuch. Eine Drehleiter mit Metallkorb näherte sich ihrer Wohnstatt und  in dem Korb furchteinflößende Wesen. Die jungen Störche stellten sich tot, nützte aber nichts: Sie wurden trotzdem zu ihrem Missfallen angefasst und mussten ihre Beine herzeigen, an denen ein komisches Ding befestigt wurde, wurden in einem Tuch an einer Waage in die Luft gehoben und mussten sich zum Schluss auch noch an den Schnäbeln herumpuhlen lassen (wahrscheinlich haben sie sich gefühlt, wie wir bei unserem ersten Zahnarztbesuch!). Na ja, Gott sei Dank, waren die furchteinflößenden Wesen bald wieder verschwunden und mit ihnen die Leiter, und die vertrauten Eltern kamen wieder zurück, nur das komische Ding am Bein blieb. War das eine Aufregung!

Jetzt würden sie sich so etwas nicht mehr gefallen lassen, denn bei Gefahr fliegt man einfach davon. Überhaupt ist das Fliegen doch eine tolle Sache. "Ab in den Süden" heißt es bald, "das Wetter hier ist uns völlig schnurz, bleibt ihr nur hier in Eis und Schnee, uns tragen die Schwingen weit fort von hier nach dem sonnigen Spanien. Aber keine Sorge, in ein paar Jahren kommen wir wieder. Bestellt dann aber gefälligst besseres Wetter für uns und unseren künftigen Nachwuchs!"

2015: Der neue Storchenhorst auf dem Rathaus als Ersatz für das Kaminnest wurde erfreulicherweise problemlos von den Störchen angenommen.

Der Storchenmann, der schon am 21. Februar aus seinem Winterquartier nach Ochsenhausen zurückkehrte, ist derselbe wie letztes Jahr, seine diesjährige Gattin ist jedoch eine andere. Die Störchin, die vor vier Jahren in einer Storchenkolonie in Böhringen bei Radolfzell aus dem Ei schlüpfte, erschien am 7. März, freundete sich mit dem Bad Saulgauer an und sitzt seit Ende März abwechselnd mit ihm auf einem Gelege.

Ende April war es soweit. Es regte sich Leben im Rathaus-Nest. Ursprünglich waren es drei kleine Störche, die sich im Nest tummelten, dann aber reduzierte sich die Zahl zusehends. Ein Jungstorch wurde am 18. Mai tot unterhalb des Rathauses gefunden, ein weiterer Toter wurde bei der Beringung im Schneefanggitter gefunden. So war also am 6. Juni wieder mal nur ein Jungstorch in Ochsenhausen zu beringen. Der wog aber immerhin fast drei Kilogramm und machte einen guten Eindruck. Bald wird er nicht mehr nestgebunden sein,  sondern sich dem Element der Lüfte anvertrauen. Bei der derzeit herrschenden Hitze bestimmt nicht die schlechteste Idee. Wer von uns möchte da nicht mitfliegen?

2014: Neuer Weißstorchbrutort Ochsenhausen!

Ochenhausen
Der neue Horst in Ochsenhausen. Foto: Ute Reinhard 29.04.2014

Anfang April zeigte ein Storchenpaar in Hochdorf im Landkreis Biberach auf einem Baukran Nestbau-Absichten und begann, auf den Kran-Ausleger Äste zu legen. Der Kran war zwar in Aktion, was die Störche allerdings zunächst nicht störte. Allerdings war abzusehen, dass der Baukran bald seinen Einsatzort wechseln würde, und so hatte dieses Nest keine Zukunft. Anscheinend sahen das die Störche selbst ein, denn noch bevor die Äste entfernt wurden, wechselten die Störche und zogen Mitte April nach Ochsenhausen, wo sie in der Innenstadt einen stabilen, sich nicht bewegenden Hauskamin vorfanden und sich diesen als Nistunterlage auserkoren. Der Storchenmann ist übrigens ein Oberschwabe aus Bad Saulgau, seine Gattin kommt vom Bodensee aus Tüfingen. Beide sind noch blutjung, gerade mal zwei Jahre alt.

Noch vor Ende April saß das Paar schließlich auf einem Gelege, aus welchem ca. einen Monat später drei kleine Störche schlüpften. Alles ging gut, bis in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni ein Unwetter mit Starkregen kam. Die Störche waren zu diesem Zeitpunkt zwischen vier und fünf Wochen alt, ein gefährliches Alter, in dem sie nicht mehr von den Eltern abgedeckt werden können, das Gefieder jedoch Nässe und Kälte noch nicht ausreichend abweisen kann. Von den drei Jungstörchen starben in dieser Nacht zwei, immerhin einer überlebte jedoch und konnte einige Tage später beringt werden. Inzwischen hat er seine kritische Zeit überstanden, und die Ochsenhausener Bürger sind stolz auf ihre Störche, die trotz ihres jugendlichen Alters und der späten Brut immerhin einen Jungstorch durchgebracht haben.

Fotos von Hans-Peter Wachter:

Ochsenhausen
Das Trio von Ochsenhausen am 21.06.2014.

Ochsenhausen
Hast du uns was mitgebracht? 21.06.2014

Ochsenhausen
Ablösung am Horst 14.05.2014

Ochsenhausen
Ablösung am Horst 14.05.2014

Ochsenhausen
Der Ochsenhausener Jungstorch kurz vor der Beringung am 02.07.2014

Ochsenhausen
Der Jungstorch wird gewogen. 02.07.2014Ochsenhausen
Der Schnabel wird gereinigt.

Ochsenhausen
Nachdem der Ring angebracht ist, wird das Bein wieder vorsichtig zurueckgeklappt. 02.07.2014

Ochsenhausen
Die Storchenbeauftragte erklärt Bürgermeister Denzel und den Anwohnern die Beschriftung des Rings.
02.07.2014

Ochsenhausen
Gefiederpflege bei Sonnenuntergang.



Startseite   Datenschutz   Impressum